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Good Bye, Wachstum
Angesichts der Eskalation der Handelsspannungen seit der Ankündigung von Strafzöllen in den USA haben sich die Risiken für die Wirtschaftsentwicklung in ganz Europa deutlich nach unten verlagert.
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Konjunktur

Good Bye, Wachstum

Die US-Zollpolitik war das Letzte, was die ohnehin fragile heimische Volkswirtschaft gebraucht hat. Ein BIP-Rückgang 2025 wird immer wahrscheinlicher. Es wäre das dritte negative Jahr in Folge und somit die längste Rezession der Zweiten Republik.

Von Hans-Jörg Bruckberger

22.04.2025

Eigentlich hat das Jahr 2025 ganz gut begonnen, mit Österreichs Wirtschaft schien es zumindest leicht bergauf zu gehen. Das dokumentiert auch der Unicredit Bank Austria Konjunkturindikator. Dieser stieg im ersten Quartal 2025 im Durchschnitt auf minus 2,4 Punkte – den besten Wert seit vier Quartalen. In Kombination mit verbesserten realen Wirtschaftsdaten aus der Industrie und vom Bau sowie einem leichten Wachstum des Einzelhandels und des Kfz-Handels weist der Indikator eigentlich darauf hin, dass die österreichische Wirtschaft das Schlimmste hinter sich gelassen hat. „Erstmals nach acht negativen Quartalen sollte die Wirtschaftsleistung in Österreich zu Jahresbeginn 2025 wieder leicht gestiegen sein“, erklärt Unicredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.

Trump als Party-Crasher

Allerdings sind die Aussichten inzwischen schon wieder getrübt und auch der Konjunkturindikator erlebte im März schon wieder einen Rückschlag in Form eines, wenn auch relativ geringen Rückgangs um einen Zehntelprozentpunkt. „Der Rückenwind für die Konjunkturstimmung durch niedrigere Zinsen und der höheren Kaufkraft der Konsumenten wurde im März durch die gestiegene Verunsicherung infolge der Zollankündigungen von US-Präsident Trump gebremst“, sagt Bruckbauer. In allen Wirtschaftssektoren verschlechterte sich Ende des ersten Quartals schon wieder die Stimmung. Lediglich die heimischen Konsumenten wurden, gestützt auf Reallohnzuwächse und einen relativ stabilen Arbeitsmarkt, laut Bruckbauer etwas zuversichtlicher. Angesichts der Zollankündigungen durch die US-Regierung sorgte die damit verbundene Verunsicherung vor allem in der stark exportorientierten Industrie für einen Rückgang der Geschäftseinschätzungen. 

Die Konsequenz ist bitter: Zwar weisen die aktuellen Daten darauf hin, dass die Rezession in Österreich zu Jahresbeginn geendet haben dürfte, doch die Erwartung einer weiteren schrittweisen Verbesserung der Konjunktur in den kommenden Monaten dürfte sich vorerst nicht erfüllen. „Angesichts der Belastungen durch die protektionistischen Maßnahmen der USA für die heimische Exportwirtschaft haben wir unsere BIP-Prognose für 2025 von plus 0,1 auf minus 0,2 Prozent gesenkt. Ungeachtet der letztlich tatsächlichen Höhe der Zollsätze dämpft bereits die entstandene Verunsicherung durch die erratische Ankündigungspolitik die wirtschaftlichen Aussichten. Zudem wird der Budgetsparkurs die von niedrigeren Zinsen und höherer Kaufkraft getragene Aufwärtsentwicklung der Inlandsnachfrage abschwächen“, meint UniCredit Bank Austria-Ökonom Walter Pudschedl. Auch für 2026 wurde die BIP-Prognose als Folge der US-Zollpolitik gesenkt, die Experten der UniCredit Bank Austria gehen für das kommende Jahr jedoch immerhin von einem moderaten Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent für Österreich aus.

Aller schlechten Dinge sind drei 

Heuer wird sich laut der neuen Prognose indes im Jahresvergleich voraussichtlich bereits das dritte Jahr in Folge ein Minus der Wirtschaftsleistung ergeben, wenn dieses auch deutlich geringer ausfallen sollte als in den Vorjahren. Damit befindet sich die heimische Wirtschaft in der längsten Rezession der Zweiten Republik. 2023 war das BIP um ein Prozent gesunken, 2024 um 1,2 Prozent. Diese Einschätzung deckt sich mit jener der großen Wirtschaftsforschungsinstitute. Das Wifo rechnet 2025 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent, das IHS mit 0,2 Prozent. Beide Institute revidierten damit ihre Prognosen vom Dezember um 0,6 bzw. 0,7 Prozent deutlich nach unten. 2026 soll das Wachstum 1,2 Prozent bzw. 1,1 Prozent betragen.

Hausgemachte Krise

Die Handelspolitik der US-Regierung ist laut den Experten aber nicht mehr als ein zusätzlicher Stimmungskiller, der aufgrund „erratischer Änderungen“ die Prognosen erschweren würde. „Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise und diese ist zu einem großen Teil hausgemacht und nicht bloß importiert“, sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr erst kürzlich im Zuge seines Konjunkturausblicks. Die neue Bundesregierung müsse „mutige Strukturreformen“ angehen. Er warnte vor einem Jahrzehnt ohne Wachstum, einer „lost decade“ in Österreich, wenn die Regierung nicht entschlossen handelt. Die Wettbewerbsfähigkeit sei gesunken, der „Wettbewerb hat uns abgehängt“, so Felbermayr. „Wir werden ärmer“, das lasse sich nicht mehr vertuschen. 

Auch IHS-Chef Holger Bonin mahnt dringen „ein Paket ambitionierter Reformen“ ein und eine „nationale Kraftanstrengung“. Es werde „schmerzhafte“ Einschnitte brauchen, so beide Wirtschaftsforscher. Die Haushalte müssten die Reformen mittragen, Bonin, nennt in dem Zusammenhang unter anderem eine Erhöhung des Pensionsalters und eine noch stärkere Einschränkung der Korridorpension. Der Staat könnte zudem ein Zeichen setzen, durch maßvolle Abschlüsse im öffentlichen Dienst und den Pensionen – beides jedenfalls unter Inflation.

Mehr Arbeitslose, weniger Inflation 

Zurück zur jüngsten Einschätzung der Bank Austria: Angesichts der anhaltenden konjunkturellen Herausforderungen ist in den kommenden Monaten laut deren Experten mit einer weiteren Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt zu rechnen. „Wir haben unsere Prognose der Arbeitslosenquote für 2025 von 7,3 auf 7,5 Prozent angehoben und gehen für 2026 von einer Stabilisierung auf diesem höheren Niveau aus“, so Walter Pudschedl.

Unverändert bleibt wenigstes die Inflationserwartung unverändert: Die Ökonomen der Bank prognostizieren nach wie vor einen Rückgang der Teuerung auf durchschnittlich 2,5 Prozent für 2025 und 1,9 Prozent für 2026.

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