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Interview mit DWS-Fondsmanager Tobias Rommel
„Chance für einen günstigen Einstieg in Technologie“
Was richten die aktuellen Handelsstreitigkeiten und die Zollpolitik der USA im Technologiesektor an? Wurde das Trendthema künstliche Intelligenz an der Börse ausgebremst oder sollte die Technologie gerade jetzt von Privatanlegern genauer unter die Lupe genommen werden? GEWINN hat mit dem Fondsmanager Tobias Rommel von DWS bei einem Treffen in Wien genau über diese Themen gesprochen.
GEWINN: Wie ist die derzeitige Stimmung in der US-amerikanischen Wirtschaft?
Rommel: Die erratische Zollpolitik von Donald Trump hat vor allem Unsicherheit erzeugt, die sich auch so schnell nicht legen wird. Wir sind aber momentan in einer Situation, in der der Ankündigungsschock über die Zollhöhe überwunden wurde. Trotzdem gehen wir von längerfristigen Zöllen gegen China in Höhe von etwa 30 Prozent aus. Bei anderen Industrieländern wie Kanada, Japan oder den europäischen Ländern gehen wir von durchschnittlichen Zöllen von zehn Prozent aus, die durchaus längerfristig Bestand haben können. Der Schock ist also weg, die Unsicherheit aber besteht.
GEWINN: Was richten der Handelsstreit und die Zollpolitik von Donald Trump in Amerika an?
Rommel: Zölle bedeuten Inflation, das wissen wir aus der ersten Amtszeit von Donald Trump. Die Zollkosten, die für Unternehmen entstehen, gehen direkt in die Preise für die Endkunden. Wir sehen bereits im Konsumentenvertrauen, dass auch die obere Mittelschicht, die für den Großteil des Konsums in Amerika verantwortlich ist, ein wenig Unmut zeigt. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen kann man davon ausgehen, dass das Wachstum in den USA zurückgehen wird. Wir rechnen mit etwa 1,2 Prozent Wachstum für das Jahr 2025. Und solange die amerikanische Notenbank Fed mittels makroökonomischer Daten noch keine Klarheiten über die tatsächlichen Auswirkungen der Zölle hat, wird sie nicht mit Zinssenkungen beginnen.
GEWINN: Wie hoch ist das Risiko, dass Technologieprodukte von der US-Regierung als geopolitische Waffe im Handelskrieg eingesetzt werden?
Rommel: Das ist schon heute der Fall. Die großen Technologiekonzerne mit ihren innovativen Produkten stehen im Zentrum des geopolitischen Konflikts. Schon in den letzten Jahren haben die Beschränkungen für hochtechnologische Produkte aus den USA zugenommen. Der Halbleiterhersteller Nvidia, der im Bereich der KI-Chips unangefochtene Nummer eins ist, darf derzeit seine Produkte nicht nach China exportieren. Inwieweit der Rest der Welt hier ähnlich getroffen werden könnte, ist unklar.
GEWINN: Ist der Technologiesektor in den USA also bedroht?
Rommel: Die Zollthematik hat speziell die Kurse der US-Technologiekonzerne belastet, das ist wahr. In diesem Jahr haben Tech-Aktien im Durchschnitt 15 Prozent verloren, etwa doppelt so viel wie der weltweite Aktienmarkt. Die Stimmung für Technologie ist auch bei den Fondsmanagern ziemlich gedrückt, laut der Umfrage „Fund Manager Survey“ sind diese bei Technologietiteln deutlich untergewichtet. Das könnte aber eine Chance für einen günstigen Einstieg in Technologie sein. Auch die Bewertungen sprechen wieder für den Sektor. Unser Fonds, der im Bereich künstliche Intelligenz (KI, Anm.) investiert, hat derzeit beispielsweise ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, Anm.) von 22. Diesen Fonds betreiben wir seit fünf Jahren und haben in diesem Zeitraum eine Bewertungsbandbreite, bezogen auf das KGV, zwischen 20 und 35 gehabt. Wir befinden uns also bewertungstechnisch am unteren Ende. Gleichzeitig sind auch die Gewinnerwartungen nicht stark eingebrochen. Für Technologieaktien werden immer noch 15 bis 20 Prozent Gewinnsteigerung in diesem und im nächsten Jahr erwartet.
Die Nachfrage nach Chips ist ungebrochen stark, weil die weiterhin wachsende Zahl an KI-Nutzern immer mehr Rechenleistung verlangt. Das größte Potenzial für die Zukunft sehen wir aber im Bereich der KI-Anwender.
Tobias Rommel, Fondsmanager DWS
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