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Interview mit Mirjam ’t Lam
„Wir haben bereits Kredite in Höhe von 6,8 Milliarden Euro vergeben“
Für die international tätige Genossenschaft Oikocredit, die in benachteiligten Regionen des Globalen Südens Finanzdienstleistungen anbietet und in Landwirtschaft und erneuerbare Energien investiert, gibt es zum 50-Jahre-Jubiläum einiges an Erfolgen zu feiern, aber auch weiterhin sehr viel zu tun, wie die Geschäftsführerin Mirjam ’t Lam bei ihrem jüngsten Besuch des lokalen Oikocredit-Förderkreises in Wien berichtet.
GEWINN: Was gab vor 50 Jahren den Anstoß zur Gründung von Oikocredit? Wer war an der Gründung maßgeblich beteiligt?
’t Lam: Das Umfeld in den Jahren vor der Gründung von Oikocredit war ähnlich wie heute. Auch damals gab es mit dem Vietnamkrieg eine kriegerischere Auseinandersetzung, die sehr viele Opfer forderte. Und die christlichen Kirchen suchten nach einer Alternative, um Geld anzulegen, das nicht direkt oder indirekt für die Finanzierung von Kriegen verwendet wird. Oikocredit wurde 1975 aus der Idee heraus gegründet, dass man Geld ethisch veranlagen wollte. Damit ist gemeint, dass man neben der finanziellen Rendite auch die soziale Wirkung und die Risiken beachtet.
GEWINN: Wie wird diese alternative Geldanlage bei Oikocredit konkret umgesetzt?
’t Lam: In erster Linie über Mikrokredite, wo wir mit kleinen Krediten zu fairen Konditionen Menschen in strukturschwachen Regionen des Globalen Südens eine Möglichkeit bieten, sich selbst eine Existenz aufzubauen. Das ist keine Spende, sondern eine Investition auf Augenhöhe.
GEWINN: Was konnte Oikocredit bisher in den 50 Jahren erreichen? Könnten Sie ein paar Statistiken und Meilensteine nennen?
’t Lam: Wir haben in den 50 Jahren 1.471 Partnerorganisationen in 78 Ländern im Globalen Süden unterstützt – aktuell sind es etwa 30 Länder. Mithilfe dieser Partner haben wir Kredite in Höhe von 6,8 Milliarden Euro vergeben bzw. investiert. 80 bis 90 Prozent der Kredite wurden dabei an Frauen vergeben. Und wir haben neben der Vergabe von Mikrokrediten, die von Beginn am im Zentrum unserer Tätigkeiten stand, auch seit mittlerweile rund 40 Jahren in landwirtschaftliche Projekte und seit zehn Jahren im Bereich erneuerbare Energie in strukturschwachen Regionen investiert.