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Schnäppchenjagd an der Börse
17 Aktien unter Buchwert
Das erste Halbjahr 2025 ist schon beinahe wieder Geschichte. Und es hatte für Börsianer einiges zu bieten. Zwischenzeitlich gab es zwar empfindliche Rücksetzer, mittlerweile liegen die Aktienmärke – auch jene in den USA – aber wieder im Plus. Jene in Europa sogar deutlich: Der deutsche Leitindex DAX beispielsweise hat heuer bereits mehr als 20 Prozent an Wert gewonnen. So erfreulich dies ist, so bedeutet es doch auch eines: Die Bewertungen sind mittlerweile nicht mehr günstig, teilweise sogar ambitioniert. Für all jene, die noch nicht investiert sind, ist das kein Stimmungsmacher.
Die US-Märkte galten schon im Vorjahr als historisch hoch bewertet, und jetzt haben eben auch europäische Aktien ihre damals noch offensichtliche Unterbewertung abgebaut. Gibt es überhaupt noch Schnäppchen unter den Blue Chips? GEWINN hat in der Datenbank nach Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks mit mehr als 30 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung gesucht, die unter Buchwert notieren, und tatsächlich einige solcher Aktien gefunden!
Was sagt das KBV überhaupt aus?
Zunächst aber zur Theorie: Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) setzt den Börsenkurs einer Aktie ins Verhältnis zu ihrem Substanzwert, also den Sachwerten, die sich in einem Unternehmen befinden. Es ist eine interessante betriebswirtschaftliche Kennzahl zur Bewertung von Unternehmen, weil es tendenziell stabiler ist als das oftmals präsentere Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), welches sich bei wirtschaftlichen Turbulenzen und einem Gewinneinbruch ja rasch ändern kann. Freilich kann ein niedriges KBV ebenso wie ein niedriges KGV nicht nur als günstige Kaufgelegenheit interpretiert werden, sondern auch davor warnen, dass ein Unternehmen Probleme hat und es gerade nicht so läuft. Mit anderen Worten: Die günstige Bewertung hat oft einen Grund. So etwa beim Chipriesen Intel, der aktuell Verluste schreibt, während manch ein Konkurrent Erfolge feiert und munter wächst.
Das KBV sollte jedenfalls wie jede andere Kennzahl nie isoliert betrachtet werden, sondern in Kombination mit anderen fundamentalen Aktienkennzahlen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Branche. Eine gewisse Indikation ist es aber allemal. Ähnlich wie bei einem alten Schmuckstück, das man für weniger bekommt als seinen reinen Materialwert. Vielleicht ist es gerade nicht in Mode und schwer zu verkaufen, der günstige Preis ist dennoch verlockend – und der Markttrend kann sich ja auch wieder ändern.
Vermeintliche Schnäppchen
Das GEWINN-Screening haben keine 20 Unternehmen „überlebt“. Genau 17 Blue Chips in den USA und in Europa notieren aktuell noch unter ihrem Buchwert (siehe Tabelle). Die Liste wird von zwei Branchen dominiert: Autoherstellern und Banken. Bei Ersteren sind vor allem die deutschen Branchenvertreter geradezu absurd günstig: BMW und Mercedes werden nicht einmal zum halben Buchwert gehandelt, VW gar nur zum 0,23-fachen Buchwert. In dem Fall ist es tatsächlich so, dass der Markt so seine Zweifel hat, ob diese Konzerne die Transformation in Richtung E-Mobilität meistern und sich gegen neue Konkurrenz aus China durchsetzen werden. Insofern haben diese Aktien einen gewissen Wettcharakter, rein fundamental betrachtet sind sie aber sehr wohl interessant. Dies, zumal obendrein hohe Dividenden winken. Vorausgesetzt, dass die Gewinnprognosen der Analysten halten, sind bis zu sieben Prozent Dividendenrendite (bei VW) drin.
Noch mehr bietet Eni. Der italienische Öl- und Energiekonzern hat eine geschätzte Dividendenrendite von 7,4 Prozent und wird aktuell zum 0,85-fachen Buchwert gehandelt. Analysten stehen der Aktie zwar nicht euphorisch gegenüber, aber durchaus wohlwollend: Von 22 Experten, die sich damit auseinandersetzen, raten immerhin zehn zum Kauf, zwölf empfehlen, die Aktie zu halten. Verkaufsempfehlung gibt es keine.