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Industrie
„Wir dürfen uns jetzt nicht zu Tode sparen“
Kari Ochsner ist seit rund eineinhalb Jahren Chef der Industriellenvereinigung Niederösterreich und steht seit 2008 an der Spitze des österreichischen Wärmepumpenherstellers Ochsner. Als Unternehmer mit Weitsicht und klaren Überzeugungen spricht der 50-Jährige auch unpopuläre Themen klar an. Dass er damit polarisiert, stört ihn nicht. Er will aufrütteln und zum Umdenken anregen.
GEWINN extra: Österreichs Industrie befindet sich nach Jahren stetigen Wachstums seit Anfang 2023 in einer Rezession. Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen unseres Landes?
Ochsner: Grundsätzlich hat Österreich noch immer großes Potenzial, insbesondere in der Industrie. Rund 60 bis 70 Prozent, manchmal sogar bis zu 80 Prozent unserer produzierenden Wirtschaft hängen direkt oder indirekt vom Export ab. Das ist das Rückgrat unseres Wohlstands. Unsere Stärken liegen in der hochqualitativen Produktion und den Arbeitsplätzen, die daran gekoppelt sind. Doch genau hier beginnt die Schwäche: Wenn die Industrie abwandert – und das passiert gerade –, stehen wir vor einem nicht wieder gutzumachenden Schaden. Es wurde über Jahre hinweg zu wenig auf die Warnsignale geachtet, auf die wir immer wieder hingewiesen haben.
GEWINN extra: Welche Warnsignale sind das?
Ochsner: Österreich hat die höchsten Ausgaben für Sozialleistungen. Mit 31,6 Prozent des BIP liegen wir hier knapp vor Finnland und Frankreich an der Spitze aller OECD-Länder. Außerdem haben wir die meisten Feiertage und eine der kürzesten Wochenarbeitszeiten. Das mag komfortabel klingen, aber diese Strukturen sind langfristig nicht tragfähig, wenn wir unseren Standard erhalten wollen – vor allem in Zeiten des globalen Wettbewerbs. Wir sind derzeit Schlusslicht in Europa. Das hätten wir uns vor 15 bis 20 Jahren nicht vorstellen können, als Österreich noch in den Top Ten war.
GEWINN extra: Was sind Ihre Lösungsansätze?
Ochsner: Es geht darum, wieder konkurrenzfähige Strukturen zu schaffen, damit Österreich als Industrieland gestärkt wird und wir die Unternehmen, die gegangen oder gerade im Gehen sind, halten und zurückholen können. Die viel zu hohen Energiekosten und Lohnstückkosten sind für viele Betriebe der größte Standortnachteil. Wir müssen auch die Bürokratie massiv zurückfahren, unsere Effizienz und Produktivität steigern und klare Maßnahmen setzen. Ein Beispiel ist die Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre – schrittweise natürlich und mit Ausnahmen für Schwerarbeit. Leistung muss sich wieder lohnen, und das bedeutet auch, dass Überstunden oder längeres Arbeiten über das Pensionsalter hinaus attraktiver werden müssen.