Neues aus dem Grundbuch
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Zinshäuser
Nach dem Preisrutsch
Erker, die von mächtigen Statuen getragen werden, eine prächtige Fassade, verziert mit Halbsäulen und Stuck, und eine Lage im Herzen der Stadt, nur wenige Meter von Parlament, Burgtheater und Hofburg entfernt. Dazu kaum Leerstand und 2.500 Quadratmeter vermietbare Fläche. Falls Sie die Beschreibung anspricht, müssen wir Sie enttäuschen. Das Eckhaus im ersten Bezirk wurde bereits verkauft. Für fast 23 Millionen Euro sorgte dieses Juwel aus der Gründerzeit heuer für die größte Transaktion am Wiener Zinshausmarkt.
Solche Prunkstücke finden selbst in schwierigen Marktlagen ihre Käufer. Sie können sogar ihren Preis steigern. Ende 2022 wurde es von der Zürich Versicherung für 17,3 Millionen Euro an einen Immobilienentwickler verkauft, der das Haus renovierte. Die Investitionen dürften sich ausgezahlt haben. Nicht einmal zwei Jahre später ging es für 22,8 Millionen Euro an den Eigentümer einer Selfstorage-Kette, der das Haus langfristig im Bestand halten möchte.
Vermögende Unternehmer, viele davon aus den Bundesländern, beginnen wieder, ihr Geld in Toplagen der Hauptstadt zu investieren. Schon Ende des Vorjahres sorgte eine Privatstiftung der oberösterreichischen XXXLutz-Gründerfamilie für eine noch größere Transaktion. Sie kaufte von Karl Philipp Wlaschek, dem Sohn von Billa-Gründer Karl Wlaschek (siehe Lesetipp) ein ganzes Häuserpaket im Wert von 155 Millionen Euro. Darunter war auch eine absolute Trophy-Immobilie, die nur alle paar Jahrzehnte den Besitzer wechselt: der 1886 errichtete Stefanshof. Das nur wenige Meter vom Stephansplatz entfernte Zinshaus kostete alleine 61 Millionen Euro.
Zwei Jahre Korrektur
Solche beeindruckenden Transaktionen sind freilich die Ausnahme. Sie können nicht über den kräftigen Preisrutsch hinwegtäuschen, der in den vergangenen beiden Jahren stattgefunden hat. Makler Otto Immobilien erhebt seit 17 Jahren für seinen Marktbericht die Verkaufspreise für Wiener Gründerzeitzinshäuser. Ein Zinshaus kann prinzipiell zwar auch ein Neubau mit Mietwohnungen sein, in der Immobilienbranche versteht man darunter aber in der Regel Altbauten, die in der Zeit zwischen 1848 und 1918 erbaut wurden.
Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für solche Häuser erreichten laut Otto Immobilien 2022 ihren absoluten Höchststand mit rund 4.500 Euro pro Quadratmeter und fielen bis Anfang 2024 um 25 Prozent auf 3.300 Euro. Das entspricht in etwa den Preisen des Jahres 2020. Für den erfolgsverwöhnten Zinshausmarkt war es die erste heftige Korrektur seit über 15 Jahren. Die letzten stärkeren Preisrückgänge hatte es in Folge der Finanzkrise 2008 gegeben.
Seit dem Vorjahr stabilisieren sich die Preise, heuer gab es erstmals wieder leichte Anstiege. „Viele Käufer wollten in einem fallenden Markt keine Ankaufsentscheidung treffen. Dieses Problem löst sich gerade“, sagt Philipp Maisel, Leiter der Zinshausabteilung bei Otto Immobilien. Im ersten Halbjahr wurden Häuser im Wert von einer halben Milliarde Euro verkauft, 44 Prozent mehr als im Vorjahr. „Üblicherweise ist das zweite Halbjahr das stärkere. Erstmals seit 2022 könnte die Milliardengrenze wieder geknackt werden“, so Maisel. Zum Vergleich: 2021 und 2022 wurden jeweils Wiener Zinshäuser im Wert von deutlich über zwei Milliarden Euro verkauft.
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