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Das bringt die globale Mindestbesteuerung© thumb - GettyImages.com, Nastco - GettyImages.com

Pillar II für Konzerne

Das bringt die globale Mindestbesteuerung

Schon ab 2024 wird die neue, globale Mindestbesteuerung gelten. Welche Unternehmen sind von ihr betroffen, und wie müssen sich diese nun rasch vorbereiten?

Von Susanne Kowatsch

28.03.2023

Um diverse Steuervermeidungsstrategien multinationaler Konzerne zu begrenzen, wurde im letzten Jahrzehnt schon einiges versucht. „Bereits 2013 startete die OECD ihr BEPS-Projekt. Die Abkürzung steht für ‚Base Erosion and Profit Shifting‘“, erklärt Steuerexperte ­Christoph Marchgraber, Partner bei KPMG. Multinationalen Unternehmen sollte es nicht mehr möglich sein, ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer oder Steueroasen zu verschieben. Mittlerweile arbeiten mehr als 135 Länder zusammen, um diese Form der Steuervermeidung zu unterbinden. „Die aus dem BEPS-Projekt entstandenen Vorschriften sind allerdings noch so neu, dass sich noch gar nicht beurteilen lässt, wie wirksam diese sind. Dennoch propagiert die OECD bereits weitere Regelungen“, schildert Marchgraber. Neben der als Pillar I bezeichneten Umverteilung von Besteuerungsrechten hochprofitabler Unternehmen wurde mit Pillar II jüngst auch ein Konzept für eine globale Mindestbesteuerung entworfen.

Branchenunabhängig soll damit global eine Effektivsteuerbelastung von 15 Prozent bei großen, multinationalen Unternehmensgruppen gewährleistet werden. Dazu zählen Konzerne, die einen konsolidierten Jahres­umsatz von mindestens 750 Millionen Euro aufweisen. Die Mindestbesteuerung muss in jedem Land separat ­erfüllt werden. Beträgt die effektive Steuerbelastung des Konzerns in einer Jurisdiktion weniger als 15 Prozent, wird eine sogenannte „Top-up Tax“ (also eine Ergänzungssteuer) erhoben, die das Erreichen der Mindeststeuer sicherstellen soll.

Besonders „gefährdet“ sind zunächst Länder, die einen nominellen Körperschaftsteuersatz von weniger als 15 Prozent aufweisen. Dazu zählen, so Marchgraber, „nicht nur typische Steueroasen wie die Bahamas oder die europäischen Kanalinseln Jersey und Guernsey. Auch der eine oder andere EU-Mitgliedstaat fällt darunter“. So sieht Irland einen nominellen Kör­perschaftsteuersatz von 12,5 Prozent, ­Bulgarien einen von zehn Prozent und Ungarn einen von neun Prozent vor.

Aber auch in Staaten mit hohen nominellen Steuersätzen kann sich unterm Strich eine niedrige Effektivsteuerbelastung ergeben. Denn manche Länder, wie etwa Polen, räumen Unternehmen mitunter weitreichende Begünstigungen (z. B. Tax Holidays) ein, die zu einer unter dem nominellen Steuersatz liegenden Effektivsteuerbelastung führen können.

So hat die globale Mindestbesteuerung nicht nur Auswirkungen für Konzerne, sondern engt auch den steuerpolitischen Spielraum der Staaten ein. Sieht ein Land einen niedrigen nominellen Steuersatz vor oder gewährt andere Steuerbegünstigungen, profitieren davon zwar die lokalen Konzerngesellschaften, dadurch kann sich aber eine Ergänzungssteuer in ­einem anderen Staat ergeben. Steuerliche Begünstigungen verlieren damit für Konzerne an Anziehungskraft.

Wie schafft man aber die Durchsetzung dieser Regelungen? Grundsätzlich soll die Steuer von der obers­ten Konzernmuttergesellschaft bezahlt werden. Dies erfolgt im Wege der sogenannten Income Inclusion Rule (IIR). Ist die oberste Konzerngesellschaft selbst in einem Niedrigsteuerstaat oder einem Staat ansässig, der Pillar II nicht umgesetzt hat, kommt als Auffangregel die Undertaxed Profits Rule (UTPR) zur Anwendung. Die Ergänzungssteuer, die zu entrichten ist, um auf den Mindeststeuersatz von 15 Prozent zu kommen, wird in diesem Fall nach Maßgabe der Zahl der Arbeitskräfte und der Buchwerte der körperlichen Wirtschaftsgüter anteilig auf all jene Konzerngesellschaften aufgeteilt, deren Ansässigkeitsstaat ­eine solche Regelung vorsieht. Um der globalen Mindestbesteuerung zu ­entkommen, müsste ein Konzern also sämtliche Länder meiden, die diese innerstaatlich umgesetzt haben. Darin liegt die Effektivität von Pillar II: Sobald eine wesentliche Zahl an Staaten die Regelungen umsetzt, gibt es kaum mehr ein Entkommen.

Wer ist betroffen?

Die Pillar-II-Musterregelungen wurden von 142 Staaten befürwortet. Die EU hat die Regelungen als Vorreiter im Dezember 2022 in Form einer Richt­linie umgesetzt und damit sämtliche Mitgliedstaaten verpflichtet, die Regelungen für die Wirtschaftsjahre ab 2024 anzuwenden.

Welche Unternehmen betrifft das in Österreich? „Wir haben in Österreich etwa 70 bis 80 Konzerne, die betroffen sind. Zusammen mit Tochterunternehmen ausländischer Konzerne müssen sich rund 2.500 österreichische Gesellschaften damit befassen“, schätzt Marchgraber die Lage ein.

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