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„Auf der internationalen Bühne haben wir keine Marktmacht“
Spar-Vorstandsvorsitzender Hans K. Reisch wünscht sich weniger Bürokratie und eine stärkere Einbindung durch die Politik.
© Ernst Kainerstorfer

Branchengespräch

„Auf der internationalen Bühne haben wir keine Marktmacht“

Hans K. Reisch ist Vorstandsvorsitzender von Spar. Im Klub der Wirtschaftspublizisten schilderte er unter anderem, welche Regularien dem Handel aktuell besonders zu schaffen machen und was er von Shrinkflation hält. GEWINN hat die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengefasst. 

Von Michaela Schellner

23.12.2025
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Seit über 38 Jahren gestaltet Hans K. Reisch, Enkel des Gründers, die Entwicklung des Salzburger Handelskonzerns Spar mit. Und diese kann sich sehen lassen: Im Jahr 2024 hat die Spar Österreich-Gruppe einen Gesamtverkaufsumsatz von 21,4 Milliarden Euro (plus 4,5 Prozent) erwirtschaftet. Insgesamt betreibt der privat geführte österreichische Händler in Österreich und sechs Nachbarländern 3.049 Spar-, Eurospar- und Interspar-Märkte, 31 Shopping-Center und 227 Hervis-Stores. Fast 94.000 Mitarbeiter arbeiten im Unternehmen, 52.000 davon in Österreich. Im Lebensmittelhandel in Österreich lag der Verkaufsumsatz erstmals bei über 10 Milliarden Euro. Hier ist der Händler seit Anfang 2020 Marktführer und konnte die Nummer-eins-Position bis heute nicht nur halten, sondern sukzessive ausbauen. 

Der Lebensmittelhandel und damit auch Spar, stehen aktuell stark unter regulatorischem Druck – Stichwort Preisauszeichnung, Shrinkflation, etc. Wo sehen Sie die größten bürokratischen Hürden und was erwarten Sie sich konkret von der Politik?

Hans K. Reisch: Der Handel wird derzeit mit einer Vielzahl an nationalen und europäischen Vorschriften konfrontiert, die in Summe kaum mehr handhabbar sind. Allein auf EU-Ebene sprechen wir von über 20 laufenden Gesetzesvorhaben und mehr als 100 weiteren, die in den nächsten Jahren kommen sollen. Besonders problematisch sind überbordende Detailregelungen wie das Preisauszeichnungsgesetz oder die Diskussion rund um Shrinkflation, für die der Handel zu Unrecht verantwortlich gemacht wird.
Wir wünschen uns echte Entbürokratisierung statt zusätzlicher Berichtspflichten und praxisferne Vorgaben. Die Politik sollte den Handel stärker einbinden, fachliche Argumente ernst nehmen und Regelungen dort ansetzen, wo die Ursachen liegen – etwa bei Produzenten und internationalen Lieferanten. Weniger Bürokratie würde am Ende auch den Konsumentinnen und Konsumenten zugutekommen.

Welche Anforderungen kommen beim Preisauszeichnungsgesetz konkret auf den Handel zu und warum sehen Sie Probleme in der Umsetzung?

Das Preisauszeichnungsgesetz ist ein gutes Beispiel für überbordende Bürokratie, zumal wir in Österreich bereits eines der strengsten Gesetze in Europa haben. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die Schriftgröße des Grundpreises auf den Regaletiketten muss nun von derzeit drei Millimetern Höhe auf 3,5 Millimeter vergrößert werden. Das ist absoluter Nonsens. Dazu kommen noch fixe Größenverhältnisse zwischen Verkaufs- und Grundpreis auf allen anderen Kommunikationsmaterialen, wie beispielsweise auf Aktionsplakaten oder in der Bedienung. 
Aus unserer Sicht schießen diese technisch äußerst aufwendigen Vorgaben über das Ziel hinaus und bringen für die Kundinnen und Kunden keinen echten Mehrwert. Im Gegenteil: Zu viele Informationen auf engem Raum können eher verwirren als helfen und sie werden auch nicht dazu beitragen, dass die Kosten sinken – ganz im Gegenteil. Wir werden das Gesetz selbstverständlich umsetzen, wünschen uns aber Übergangsfristen und mehr Augenmaß bei der Ausgestaltung.

Sie haben auch das Thema Shrinkflation – also geringere Mengen in den Verpackungen bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Preisen – angesprochen. Laut aktuellem Gesetzesvorschlag soll der Handel dies künftig kennzeichnen. Sie wehren sich vehement dagegen. Wieso?

Wir sehen uns hier nicht in der Verantwortung, Änderungen an Packungsgrößen oder Inhalt zu kennzeichnen. Das ist Aufgabe der Industrie. Viele internationale Lieferanten reduzieren die Verpackungen und erhöhen gleichzeitig die Preise. Und obwohl ich das unerhört finde, können wir als Handel das nicht verhindern. Uns wird immer eine große Marktmacht attestiert, die wir in Österreich zugegebenermaßen haben, aber eben nicht auf der internationalen Bühne in den Verhandlungen mit großen Playern. Darum haben wir unsere Eigenmarken mit mittlerweile 40 Prozent Anteil am Sortiment entwickelt, um hier eine Gegenposition zu haben und die Preisgestaltung steuern zu können. Das Gesetz ist aktuell noch nicht verabschiedet. Dennoch sehen wir nicht ein, dass wir als Handel hier wieder einmal zum Handkuss kommen sollen. 

Wäre die verstärkte Auslistung solcher Lieferanten nicht eine Möglichkeit, um hier gegenzusteuern? 

Das machen wir schon. Aber natürlich nur in einem solchen Ausmaß, das uns nicht schadet. Und wenn sich der Konsument diese Marken und Produkte wünscht, dann müssen wir diese auch zur Verfügung stellen. Interessanterweise gibt es zwar immer einen großen Aufschrei, wenn Shrinkflation bekannt wird, aber gekauft werden die entsprechenden Produkte dann trotzdem. 

Dem Handel wird auch gerne die Schuld an den hohen Lebensmittelpreisen gegeben. Warum ärgert Sie das so?

Weil es einfach nicht der Tatsache entspricht. Die Verantwortung für die hohen Preise wird oft dem Handel zugeschoben, weil die Konsumentinnen und Konsumenten Lebensmittel täglich kaufen und die Preissituation daher direkt spüren. Faktisch können wir als Händler aber nur begrenzt Einfluss nehmen. Die eigentlichen Preistreiber sind die Rohstoffpreise, Energie- und Personalkosten sowie internationale Entwicklungen wie Naturkatastrophen oder Lieferengpässe. Wir können nur versuchen, diese Kosten fair weiterzugeben. Und bei aller berechtigen Kritik an manchen Entwicklungen: Man darf auch nicht vergessen, dass der Anteil von Lebensmitteln am Haushaltseinkommen seit Jahren unverändert bei zwölf Prozent liegt. So schlecht geht es uns in Österreich nicht.  

Und wie geht es Spar aktuell? Wie entwickelt sich das Unternehmen?

Wir sind mit der Entwicklung in Österreich sehr zufrieden und konnten Marktanteile gewinnen. Mit der Einreichung von 23 Unimarkt-Standorten bei der Bundeswettbewerbsbehörde setzen wir einen gezielten Wachstumsschritt. Diese Standorte sollen weiterhin von selbstständigen Kaufleuten geführt werden und stärken insbesondere die regionale Nahversorgung. Auch international sind wir gut unterwegs, etwa als Marktführer in Slowenien oder mit Synergieeffekten in Kroatien. Unser Wachstum ist klar fokussiert und langfristig ausgerichtet.

Abschließend: Welche Innovations- und Digitalisierungsprojekte treiben Sie derzeit voran?

Ein Schwerpunkt liegt auf KI-gestützter Mengenplanung, die hilft, Bestellungen präziser zu steuern und Lebensmittelverschwendung deutlich zu reduzieren. Ergänzt wird das durch Inventurroboter, elektronische Regaletiketten und moderne Logistiklösungen.
Mit unserer App und digitalen Rechnungen konnten wir seit dem Start bereits rund 65 Millionen Papierbelege einsparen. Innovation ist für uns ein zentraler Hebel, um Prozesse effizienter zu machen, Ressourcen zu schonen und den Kundinnen und Kunden einen echten Mehrwert zu bieten.

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