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„Trotz aller Probleme: Das Glas ist zu zwei Dritteln voll!“
WKO-Präsident Harald Mahrer sieht bei den Lohnstückkosten und bei den Energiekosten Handlungsbedarf.
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Interview

„Trotz aller Probleme: Das Glas ist zu zwei Dritteln voll!“

Es vergeht kein Tag ohne Lamento in Österreich, wie schlecht es in der Wirtschaft läuft. Im Interview mit Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer kommt aber kein Wehklagen. Er kritisiert etliches, findet aber stets einen konstruktiven Ausblick. Eine austrifizierte Variante von „Yes, we can“.

Von Georg Wailand

20.05.2025
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Die Zeiten waren schon mal einfacher, aber es gibt durchaus auch Positives aus der Wirtschaft zu berichten, vor allem aber zahlreiche Möglichkeiten, wie der Standort Österreich in Zukunft gestärkt werden kann. Das ist die Kernbotschaft von WKO-Präsident Harald Mahrer im Interview mit GEWINN-Herausgeber Georg Wailand.  

GEWINN extra: Die Weltwirtschaft erlebt derzeit eine turbulente Phase, die durch politische Willkürakte zusätzlich befeuert wird. Wie schlimm ist es aus Ihrer Sicht?

Mahrer: Es ist eine herausfordernde Zeit, keine Frage. Aber ich gehöre nicht zu jenen, die jammern, dass die Weltwirtschaft den Bach runtergeht. Denn das stimmt so nicht. Neben den bekannten Problemen gibt es auch positive Entwicklungen, zum Teil boomen ganze Bereiche.

GEWINN extra: Wo ordnen Sie Österreich ein?

Mahrer: Wir haben viele tolle Exportbetriebe, die sind wendig wie ein Schnellboot und nicht träge wie ein Supertanker, da haben wir exzellente Firmen und ebenso exzellente Produkte, vor allem wenn es um Qualität geht. Aber, und jetzt kommt es: Um diese Exporterfolge weiter erzielen zu können, müssen wir den Standort Österreich konkurrenzfähig halten bzw. machen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist entscheidend, da gibt es einiges zu tun.

GEWINN extra: Und zwar?

Mahrer: Wir haben in mehreren Bereichen einen für die Kunden leistbaren Preis verloren. Die Lohnstückkosten sind bei uns zu schnell und zu stark gestiegen. Aber das ist nur ein Teil des Problems.

GEWINN extra: Und der andere?

Mahrer: Die Energiekosten sind bei uns deutlich höher als in vielen anderen Konkurrenzländern. Und zwar ganz erheblich, da muss etwas geschehen!

GEWINN extra: Die Bürokratie erwähnen Sie diesmal gar nicht?

Mahrer: Ich appelliere: Macht Jagd auf dieses Monster, es braucht eine Anti-Bürokratie-Keule, mit der wir es erlegen müssen. Die Leute haben die Sonntagsreden gegen die Bürokratie satt, sie wollen Taten sehen.

GEWINN extra: Die Hoffnung auf steigenden privaten Konsum durch die hohen Lohnrunden hat sich derweil nicht erfüllt …

Mahrer: Weil die Leute verunsichert sind. Sie sparen lieber, weil sie kein Vertrauen haben, dass es gut weitergeht. Es wird weniger Geld ausgegeben, dann fühlt man sich sicherer. Die Wirtschaft braucht aber das Gegenteil: Optimismus ist gefragt. Denn in einer Konjunktur steckt viel Psychologie drin, das ist der Turbo, der auch im Export zündet. Wer sich vor dem Morgen fürchtet, wird nicht viel konsumieren und schon gar nicht investieren. Diese Mauer müssen wir durchbrechen: Das Glas ist nicht nur halb voll, sondern zu zwei Dritteln. 

GEWINN extra: Es gibt also auch positive Entwicklungen? 

Mahrer: Ja, sogar viele, und die dürfen wir nicht übersehen! Vieles in der internationalen Wirtschaft ist gut aufgestellt, das ist eine gigantische Chance, da muss jetzt die Politik liefern! Wir haben das Werkzeug, um am Weltmarkt langfristig erfolgreich zu sein, vor allem im Qualitätswettbewerb haben wir gute Karten. Manches, was wir haben, etwa im Maschinen- und Werkzeugbau, gibt es in den USA nicht in vergleichbarer Weise. Jetzt braucht es in Europa eine Allianz der Willigen, die ihre Hausaufgabe erledigt. Nur ein Beispiel: Deutschland unterstützt die Wirtschaft in Milliardenhöhe bei den Energiekosten durch Strompreiskompensation, Subvention der Netze, Senkung der Elektrizitätsabgabe und einen Industriestrompreis – in Österreich hingegen will man kein Geld dafür aufwenden! Warum orientiert man sich dann nicht am schweizerischen Modell, wo es strategisch planbare Entwicklungen gibt? Wollen wir als Spezialisten für Tintenburgen in die Geschichte eingehen, oder aber wollen wir im Export, der zu zwei Dritteln unseren Wohlstand trägt, weltweit punkten? Es braucht Bürokratieabbau und einen Fahrplan für die heimische Wirtschaft.

GEWINN extra: Investoren in den USA berichten, wie interessiert dort die Politik an Investitionen ist, den Unternehmen wird förmlich der rote Teppich ausgerollt.

Mahrer: Und was ist unsere Antwort darauf? Bei uns wollen manche die hohen Steuern noch weiter erhöhen. Es wäre Zeit für einen Wirtschaftspakt, wo sich die Vernunft und die Planbarkeit durchsetzen. Dann kann der Wirtschaftsmotor relativ rasch wieder anspringen.

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