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GEWINN-Börsenkalender 2023© Tarras79 - GettyImages.com; natrot - Shutterstock.com, Tom Hahn - GettyImages.com; APA/SERGEI CHUZAVKOV/AFP/picturedesk.com

Die gefährlichsten Brandherde und die wichtigsten Termine

GEWINN-Börsenkalender 2023

Inflation, Zinssteigerungen, Lieferkettenunterbrechungen und Personalknappheit belasten. Gleichzeitig bedrohen zahlreiche geopolitische Krisen den Frieden und die Wirtschaft. Grund genug für Anleger, gewisse Termine umso genauer im Auge zu behalten.

Von Michael Kordovsky

02.01.2023
Exklusiv für GEWINN-Abonnenten

Die Zeichen stehen global gesehen immer mehr auf Rezession. Ein zuverlässiger Indikator dafür sind die inversen Zinskurven in den USA und auch in Europa: Normalerweise sind bei Staatsanleihen die Renditen umso höher, je länger deren Laufzeit ist. Das ist derzeit umgekehrt, was darauf hindeutet, dass die Finanzmarktteilnehmer aufgrund einer schlechten konjunkturellen Entwicklung zukünftig wieder niedrigere Zinsen erwarten. In den USA etwa sind derzeit die Renditen von Staatspapieren mit dreimonatiger Laufzeit um 0,87 Prozentpunkte höher als jene zehnjähriger US-Staatsanleihen.

Dieses Phänomen war seit den 70er-Jahren vor allen acht US-Rezessionsphasen zu beobachten. Die Rezession setzte dabei sechs bis 17 Monate (Durchschnitt zwölf Monate) nach der erstmaligen Inversion ein. Eine Rezession führt zu geringerer Nachfrage und einer Entspannung an der Preisfront.

Neben der Entwicklung der Zinsen und Preise, die enorme Auswirkungen auf die Märkte haben, gibt es noch weitere Faktoren, die man genau beobachten sollte. GEWINN hat daher die wichtigsten Termine und geopolitischen Brennpunkte für das Jahr 2023, die man als Anleger im Blick behalten sollte, im GEWINN-Börsenkalender 2023 aufgelistet.

Sonderfaktoren

Durch den Ukraine-Krieg und (bis zuletzt) strenge Coronamaßnahmen in China gibt es Lieferkettenunterbrechungen bzw. -verzögerungen. Gleichzeitig ist mit niedrigen Arbeitslosenquoten und vielen offenen Stellen in den USA und Europa der Arbeitsmarkt teils „leer gefegt“. Lohninflation bzw. eine Lohn-Preis-Spirale werden von den Notenbanken als Risikofaktoren wahrgenommen.

Die jüngste Entspannung an der Inflationsfront war primär auf zwischenzeitlich rückläufige Energierohstoffpreise (Erdgas, Erdöl, Diesel etc.) zurückzuführen, vor allem infolge einer Konjunkturdelle in China. Doch unter Druck von Massenprotesten lockert die Regierung in Peking ihre strengen Coronamaßnahmen, und die Erwartung einer kompletten Öffnung Chinas im zweiten oder dritten Quartal 2023 beflügelt bereits die Preise von Industriemetallen. Eine hohe Inflation könnte uns also noch das ganze Jahr 2023 begleiten, mit der Folge weiterer Zinsanhebungsreihen.

Die Analysten von Hedgego untersuchten unter der Leitung von Gerhard Massenbauer die letzten acht Zinserhöhungszyklen in den USA seit 1971: Im Durchschnitt gab es 15 Leitzinsanhebungen (aktuell erst sieben). Durchschnittliche Dauer: 32 Monate (derzeit knapp neun Monate), durchschnittliche Zinserhöhung je Zyklus: 5,64 Prozentpunkte (derzeit: 3,75 Prozentpunkte). In den hochinflationären 70er-Jahren setzte die Fed 20 bzw. 34 Zinsschritte, bis sie ihr Ziel erreichen konnte.

Im kommenden Jahr von Bedeutung sind insbesondere jene Tage, an denen Inflations- und Arbeitsmarktdaten, konjunkturelle Aktivitätsindikatoren (Einkaufsmanagerindizes) und Notenbankentscheidungen bekannt gegeben werden. Letztere bleiben zentrales Börsenthema.

Hinzu kommen die großen Verfallstage (dreifacher Hexensabbat), die in Kombination mit wichtigen geldpolitischen Entscheidungen oder Wirtschaftsdaten die Volatilität am Markt noch verstärken können. Hintergrund: Viermal im Jahr kommt es an den weltweit wichtigsten Derivatebörsen zum großen Hexensabbat, an dem gleichzeitig Futures- und Optionskontrakte auf Einzelaktien und Indizes verfallen.

Foto von Christine Lagarde
Die ganze Finanzwelt blickt gespannt auf die Europäische Zentralbank und ihre Präsidentin, Christine Lagarde, weil ihre Aussagen und Entscheidungen die Märkte bewegen können.© APA/Michael Probst/AP/picturedesk.com

Besonders kritische Phasen

Zu den entscheidenden Zeitabschnitten mit höheren Risiken, aber auch Gewinnchancen zählen:

4. bis 6. Jänner: Gleich zum Jahresauftakt erscheint ein wichtiger US-Einkaufsmanagerindex der verarbeitenden Industrie und tags darauf US-Handelsbilanzdaten für November, ehe am dritten Tag gleich ein Dreiklang, bestehend aus einem US-Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen, den US-Arbeitsmarktdaten und der Schnellschätzung der Inflation in der Eurozone, folgt – das kann Bewegung in den Markt bringen.

1. bis 3. Februar: Der Februar hat es in sich: Hier fallen wichtige Termine in Europa und in den USA in wenigen Tagen zusammen. Fazit: Starke Schwankungen am Aktien-, Anleihen- und Devisenmarkt sind zu erwarten.

10. März: US-Arbeitsmarktdaten in Kombination mit der letzten geldpolitischen Entscheidung der japanischen Notenbank vor Ende des Fiskaljahres könnten vor allem im Yen und bei japanischen Aktien stärkere Ausschläge bewirken.

22. bis 24. März: Zuerst eine aufschlussreiche Fed-Entscheidung mit Wirtschaftsausblick, einen Tag später trifft die Schweizer Nationalbank ihre Zinsentscheidung, und tags darauf folgt noch die Bekanntgabe eines Aktivitätsindikators für Produktion und Dienstleistung im Euroraum.

3. bis 7. April: Den Datenreigen im April eröffnet der wichtige US-Einkaufsmanagerindex der verarbeitenden Industrie, zwei Tage später folgen der US-Einkaufsmanagerindex für Bereiche abseits der Produktion und die US-Handelsbilanz für Februar.

1. bis 5. Mai: Nach dem wichtigen Einkaufsmanagerindex der verarbeitenden US-Industrie folgt tags darauf die vorläufige Inflationsrate des Euroraums, gefolgt von einer Fed-Entscheidung, die richtungsweisend sein könnte. Am selben Tag werden noch die Arbeitslosenquote des Euroraums und ein weiterer US-Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen bekannt gegeben. Danach folgen eine EZB-Zinsentscheidung, die US-Handelsbilanz und die US-Arbeitsmarktdaten.

14. bis 16. Juni: Diese Tage könnten bedeutende Entscheidungen bringen: beginnend mit einer Fed-Entscheidung, tags darauf geldpolitischen Entscheidung der EZB, gefolgt von einer japanischen Notenbankentscheidung am 16. Juni, der gleichzeitig auch der „Hexensabbat“ ist.

24. bis 28. Juli: Es könnte bereits mit der Veröffentlichung des wichtigen Einkaufsmanagerindex der Eurozone am 24. turbulent werden, dem am 26. eine möglicherweise richtungsweisende Fed-Sitzung folgt. Tags darauf findet eine voraussichtlich aufschlussreiche EZB-Sitzung statt und eine Vorausschätzung des US-BIP für das zweite Quartal 2023. Am 28. 7. folgt noch eine japanische Notenbankentscheidung samt Wirtschaftsausblick.

14. und 15. September: Eine EZB- Ratssitzung, die eventuell richtungsweisend sein könnte, tags darauf gefolgt vom großen Verfallstag – ein explosives Gemisch!

31. Oktober bis 3. November: Ende Oktober folgt gleich ein Dreiklang aus der Veröffentlichung der BIP-Daten Deutschlands für das dritte Quartal, der Schnellschätzung der Inflation der Eurozone und einer Notenbanksitzung in Japan – tags darauf gefolgt vom bedeutenden US-Einkaufsmanagerindex (verarbeitendes Gewerbe) und einer eventuell besonders wichtigen US-Notenbankentscheidung. Am 3. November folgen noch ein weiterer US-Einkaufsmanagerindex sowie die US- und Euroraum-Arbeitsmarktdaten.

13. bis 15. Dezember: Das Jahr klingt mit der letzten Fed-Sitzung 2023 aus. Am nächsten Tag folgen geldpolitische Entscheidungen der EZB und der Schweizer Nationalbank. Der krönende Abschluss ist dann noch der „Hexensabbat“ am 15. Dezember. Auf jeden Fall ist für Spannung gesorgt.

Geopolitische Krisenherde

GEWINN hat mehrere kritische Entwicklungen identifiziert, die eines Tages Kursschwankungen bewirken könnten. Vor allem China und Russland bleiben ein Epizentrum geopolitischer Konflikte, die bereits in einem Krieg gipfelten (Ukraine-Krieg) oder eines Tages zu weiteren militärischen Eskalationen führen können.

Russland und Ukraine im Krieg

Am 24. Februar 2022 begann der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Infolge von Waffenlieferungen westlicher Länder an die Ukraine sieht es derzeit so aus, als wende sich der Kriegsverlauf zuletzt immer mehr zu Gunsten der Ukraine.

Von Russland inszenierte Scheinreferenden über den Anschluss an die Russische Föderation in vier besetzten Regionen und Luftangriffe auf die Energieinfrastruktur der Ukraine verschärften die Eskalation, die sich auch auf Gebiete außerhalb der Ukraine ausbreiten könnte. So wird der geplante NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands, einer jahrzehntelang neutralen Zone, von Russland als weitere Einengung empfunden.

Hackerangriffe gegen Einrichtungen der NATO und die Besetzung „der Achillesferse“ der NATO, des Suwalki-Korridors, durch russische Truppen wären denkbare Reaktionen Putins: Der Suwalki-Korridor ist eine nur 65 Kilometer schmale Landzunge, die die beiden NATO-Staaten Litauen und Polen verbindet und die hochmilitarisierte russische Exklave Kaliningrad von Moskaus Partner Belarus trennt. Laut dem US-Magazin „Politico“ ist das aktuell der „gefährlichste Ort der Welt“, weil hier Russland und die NATO bei einem Showdown wahrscheinlich zuerst zusammentreffen würden.

Foto von Alexander Lukaschenko
Belarus-Machthaber Alexander Lukaschenko ist einer der wenigen treuen Vasallen Putins und könnte aufgrund der Lage seines Landes noch eine entscheidende Rolle im Krieg spielen.© APA/Sipa Press/Action Press/Sipa/picturedesk.com

Massenproteste im Iran

Doch der Ukraine-Krieg zieht weitere Kreise, denn Russland setzte im Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits Hunderte sogenannte Kamikaze-Drohnen vom iranischen TypShahed-136 ein. Ebenso soll der Iran ballistische Raketen geliefert haben. Zuletzt haben die USA und Großbritannien übereinstimmend vor neuen Waffenlieferungen des Iran an Russland gewarnt. Die USA kündigten neue Sanktionen gegen Moskau an.

Indessen ist das islamistische Regime selbst seit über zwei Monaten mit Massenprotesten beschäftigt, nachdem die 22-jährige Mahsa Amini wegen eines verrutschten Kopftuchs von der Sittenpolizei verhaftet wurde und wenige Tage später in deren Gewahrsam starb. Die Bilanz der landesweiten Unruhen: über 18.000 Verhaftungen, mindestens 470 Tote, eine Hinrichtung und 24 weitere Exekutionen von Demonstranten drohen, was zusätzlich Öl ins Feuer gießt.

Gleichzeitig verhärten sich die Fronten zwischen dem Iran und Israel. Eine außenpolitische Ablenkung des Regimes von innenpolitischen Problemen erscheint plausibel – mit Israel als Feindbild.

Nordkorea wird gefährlicher

Laut südkoreanischen Berichten von Anfang Dezember hat Nordkorea rund 130 Artilleriegeschosse in Gewässer nahe den Meeresgrenzen zwischen beiden Ländern im Osten und Westen geschossen, die innerhalb der Pufferzone landeten. Dieser Provokation gingen schon in den vergangenen Wochen diverse Streitigkeiten mit Südkorea voran. Im November testete Nordkorea eine ballistische Interkontinentalrakete mit dem Potenzial, das Festland der USA zu erreichen. Eine weitere Gefahr sind nordkoreanische Staatshacker, die in den ersten neun Monaten 2022 virtuelle Währungen im Wert von 840 Millionen Dollar erbeutet haben sollen. Fazit: Das Gefahrenpotenzial aus Nordkorea wächst.

Links für weitere Börsentermine und Marktinfos:

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