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„Filialen schlagen Online“
Robert Nagele sieht die Zukunft von Supermarktstandorten in größeren Flächen und Multifunktionshäusern.
© Pepo Schuster, austrofocus.at

Interview

„Filialen schlagen Online“

Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Supermarktdichte. Warum es dennoch Platz für neue Standorte gibt, der Onlinehandel herausfordernd ist, und wie man steigende Kosten managt, schildert Robert Nagele, Billa-Vorstand für Immobilien.

Von Michaela Schellner

29.04.2023

Rund 460 Millionen Euro inves­tiert die Rewe Group 2023 in Österreich. Ein beträchtlicher Teil davon fließt ins Filialnetz von Billa, Billa Plus, Penny, Adeg und Bipa. Neben 42 Neubauten sollen 60 Standorte umgebaut bzw. modernisiert werden.

GEWINN:  Gibt es angesichts der hohen Filialdichte überhaupt noch ausreichend Platz für neue Standorte?

Nagele: Ja, definitiv, insbesondere im urbanen Raum wie in Wien, in Graz und Linz, wo die Bevölkerung wächst und neue Stadtentwicklungsgebiete mit Tausenden Wohnungen, Kindergärten und Schulen entstehen. Hier braucht es ausreichende Nahversorgung. Aber auch im ländlichen Raum haben wir die Entwicklungen immer im Blick. Bei der Expansion setzen wir nicht nur auf die Errichtung zusätzlicher Filialen, sondern schauen primär auf die Qualität. So verlegen wir auch auf einen neuen Standort, weil sich beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur, das Einzugsgebiet oder die Konkurrenzsituation verändert hat.

GEWINN: Es gab zuletzt aber auch Schließungen von Geschäften. Bremst sich das Expansionstempo etwas ein?

Nagele: Es ist tatsächlich so, dass Schließungen ein größeres Thema sind als noch vor ein paar Jahren. Das betrifft aber nicht nur uns, sondern die Branche insgesamt. Von den derzeit 5.600 Supermärkten in Österreich befindt  sich rund ein Drittel in strukturschwachen Regionen. Vor allem kleinere Standorte und Kaufleute kämpfen enorm mit dem steigenden Kostendruck bei Energie, Logistik, aber auch bei Mieten. Die aktuelle Zinssituation tut ihr Übriges. Wer hier nicht ausreichend Umsatz macht und ein Angebot hat, das die Konsumenten anzieht, fällt aus dem Markt.

GEWINN: Also wird sich auch Ihre Standortanzahl verringern?

Nagele: Ich denke, wir werden unseren Bestand von derzeit rund 2.660 Geschäften, mit denen wir täglich 1,9 Millionen Kunden versorgen, stabil halten. Die Jahre der Expansion durch zusätzliche Filialen sind vorbei, davon gehe ich aus. Umso wichtiger ist es, die Qualität der bestehenden Standorte weiter zu verbessern und sie je nach Kundenbedürfnis, Wettbewerbsumfeld und rechtlichen Gegebenheiten zu adaptieren. Es gibt kein Modell mehr, das für alle Standorte passt, weil nicht in jeder Region das Gleiche gefragt ist. Wir sehen auch eine Entwicklung in Richtung größere Standorte.

GEWINN: Bedeutet das das Aus für kleine Filialen?

Nagele: Nein, wir haben auch kleine Standorte, die sich gut entwickeln, und hier eröffnen wir auch neue, wie zum Beispiel im Herbst beim Schottentor in Wien. Dort kommt ein 250 Quadratmeter großer Billa, der von der Hochfrequenz der Uni und dem Hauptverkehrsknotenpunkt profitieren wird. Und die Adeg-Kaufleute machen in ihren Regionen auch mit kleinen Standorten einen ausgezeichneten Job. Aber mehrheitlich betrachtet sehen wir die Zukunft insbesondere bei Billa in größeren Standorten mit einer Verkaufsfläche ab 1.000 Quadratmetern.

GEWINN: Die aber aufgrund der Raumordnungsgesetze immer schwieriger zu bekommen sind …

Nagele: Ja, leider. Dass es in jedem ­Bundesland andere Richtlinien gibt, ist widersinnig. Immer häufiger dürfen nur mehr kleinere Supermärkte in Ortskernen errichtet oder erweitert werden. Argumentiert wird das mit dem Klimawandel und dem Thema ­Bodenversiegelung. Ich würde mir wünschen, dass einmal genau darauf geschaut wird, wie wenig der versiegelten 41 Quadratkilometer Boden pro Jahr auf den Lebensmittelhandel entfällt. Es ist schon sehr ärgerlich, wenn eine Genehmigung für andere Betriebe wie beispielsweise die Systemgastronomie am gleichen Standort erteilt wird. In puncto Bodenversiegelung macht das nämlich keinen Unterschied. 

GEWINN: Was wären denn die idealen Verkaufsflächengrößen?

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