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Interview
„Es liegt noch viel Geld am Sparbuch!“
Die Security KAG hat zum Herbstkolloquium in die Räumlichkeiten der Schelhammer Capital Bank in Wien geladen. GEWINN war bei dem spannenden Austausch über aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten und Derivate als strategischer Baustein im Portfolio dabei. Im persönlichen Gespräch haben die Vorstandsmitglieder Alfred Kober und Stefan Winkler Fragen zu den Analysen und Strategien der Security KAG beantwortet.
GEWINN: Welche großen Änderungen am Kapitalmarkt beschäftigen Ihr Team bei der Security KAG am meisten?
Kober: In den vergangenen drei Jahren hat sich der Nettomittelzufluss an den Finanzmärkten etwas abgeschwächt, auch am österreichischen Fondsmarkt. Die konjunkturelle Schwäche Europas spiegelt sich in einem niedrigeren Wachstumsniveau des Anlagemarkts wider.
GEWINN: Ist es tatsächlich so schlimm?
Kober: Nein, grundsätzlich wächst das weltweit verwaltete Vermögen, das heuer sehr wahrscheinlich 140 Billionen US-Dollar übersteigen wird. Das zwischenzeitliche Hoch der verwalteten Vermögen aus dem Jahr 2021 wurde nach dem mehrjährigen Inflations- und Zinsschock erst 2024 wieder überschritten. Allerdings beginnt sich die Veranlagungssituation hierzulande merklich zu ändern, und immer mehr Menschen engagieren sich am Kapitalmarkt. Trotzdem ist immer noch erhebliches Geldvermögen auf unattraktiv verzinsten Konten und Sparbüchern geparkt. Das Potenzial für weiteres Wachstum sinnvoller Kapitalanlageprodukte ist weiterhin da.
GEWINN: Gibt es hier einen Unterschied zwischen verschiedenen Anlageklassen? Wohin ist das Geld geflossen?
Kober: Während der klassische Mischfonds an Beliebtheit einbüßt und im Aktienbereich die Kapitalflüsse deutlich zunehmen, erleben wir beim Stil der Investmentprodukte erhebliche Verschiebungen. Produkte mit passiverem Charakter werden stärker nachgefragt, aktiv verwaltete Investmentfonds weniger stark, insbesondere von jüngeren Anlegern. Mit dem 14-fachen Volumenszufluss in Segmente mit passiverem Charakter war der Unterschied allerdings enorm. In den steigenden Aktienmärkten der letzten zehn Jahre haben naive Indexinvestments gut funktioniert.
GEWINN: Was ist der Grund für diese Entwicklung?
Kober: Die Dynamik der Kursanstiege an einigen Aktienbörsen war in den vergangenen Jahren hoch und beschränkte sich zum Teil auf wenige konzentrierte Marktsegmente. Das ist für aktive Fonds herausfordernd, da wenige Titel große Teile der Marktperformance verantworten und immer stärker gekauft werden. Rationale Faktoren wie die Bewertung oder die Qualität eines Unternehmens rücken in den Hintergrund. Diese Entwicklung kommt sowohl in der Überlebens- als auch in der Überperformancerate von aktiven Aktien- und Anleihefonds in den letzten zehn Jahren deutlich zum Ausdruck.
Ein sehr bedeutender Anteil der zugelassenen Fonds – je nach Klasse und Land zwischen 30 und 60 Prozent – hat diesen Zeitraum gar nicht überlebt, die Fonds wurden also geschlossen oder fusioniert. Der Anteil an aktiven Aktienfonds, die den Gesamtmarkt in diesem Zeitraum geschlagen haben, liegt laut Standard & Poor’s im einstelligen Prozentbereich.
Das veranschaulicht, wie herausfordernd die letzte Zeit für aktive Fondsmanager war. Uns bestärkt diese Entwicklung in unserer klaren strategischen Ausrichtung. Aktienseitig haben wir Faktoren- und Risikomanagementgrößen vollständig in den Investmentprozess integriert und verwalten unsere Fonds mit einem wachsamen Auge auf die Marktentwicklung. Unsere erprobte Strategie auf der festverzinslichen Seite schöpft vorherrschende Marktgegebenheiten in einer systematischen Form maximal ab und liefert einen nachweisbaren Mehrwert. Damit sehen wir den Added Value von rein passiven Investmentprodukten auf die Gebührenseite reduziert. Bei institutionellen Volumina ist auch dieser Mehrwert nicht mehr gegeben.
GEWINN: Die harten Zahlen untermauern den Vormarsch des ETFs. Wird weiterhin der Großteil des Kapitals passiv in die größten marktkapitalisierten Unternehmen fließen?
Kober: Die aktuelle Situation ist für Fondsmanager jedenfalls eine Herausforderung, die innovative Lösungen benötigt, auch weil die Anzahl der börsennotierten Unternehmen sukzessive schrumpft – in den USA genauso wie in Europa. Einzige Ausnahme sind die Emerging Markets, die verstärkt jüngere und dynamischere Unternehmen an die Börse bringen.
GEWINN: Die angesprochenen Punkte stellen also einen prägenden Wandel am Kapitalmarkt dar. Gibt es noch andere Besonderheiten des modernen Finanzmarkts?
Kober: Auch wenn das Gefühl ein anderes ist, lagen die Kursvolatilitäten der Aktienmärkte in den letzten 15 Jahren unter dem langfristigen Durchschnitt. Klammert man zwischenzeitliche Kursverluste wie zu Beginn der Corona-Lockdowns oder den Inflationsschock aus, befinden wir uns aktuell in ruhigem Fahrwasser. Korrekturen waren in dieser Zeit von kurzer Dauer, ausgeprägte Schwächephasen blieben aus.


