MBA: Bringt wenig, schadet nicht

Karl Lang, HR-Chef bei Siemens: „300 Anbie- terkonkurrierenalleinimdeutschsprachigen Raum. Wer soll da den Überblick bewahren?“ (Foto: Siemens/Rita Newman)
Alles begann vor 30 Jahren. Aus dem Nichts tauchten die ersten MBA auf. Die Absolventen empfan- den sich als Teil einer handverlesenen Elite und benahmen sich auch so. Die Aura des Besonderen umwehte sie, ob- wohl niemand genau wusste, was sie eigentlich konnten. Executive Searcher Hans Jorda, Eigentümer von Jorda & Partners, erinnert sich: „Die Firmen reagierten anfangs eher verschreckt. Was holte man sich da ins Haus? Und: Verblasste man selbst daneben?“
Zehn Jahre später war der MBA Standard geworden. Wer den Titel führ- te, wollte nach oben, so die landläufige Interpretation. Firmen zahlten ihren High Potentials die Ausbildung, um sie zu motivieren. Kaum waren die fertig, ließen sie sich abwerben. Was blieb den Firmen anderes übrig, als das Gehalt ordentlich aufzubessern, damit sie blie- ben. Die Ausbildungsstätten wiederum hatten erkannt, dass sie auf eine Goldmine gestoßen waren. Die beuteten sie naturgemäß aus, schraubten aber auch ständig an der Qualität der Ausbildung.
Zu Beginn dieses Jahrzehnts war der Goldrausch vorbei. Aus mehreren Gründen: Es gab zu viele Absolventen, der Titel hatte seinen Wert verloren. Als dann auch noch Legionen von Ba- chelor und Master in den Markt stürm- ten, verloren die Personalchefs die Ori- entierung. Welcher Abschluss war nun wie viel wert? Sie begannen, Erfahrung und Erfolge höher zu werten als Titel. Obendrein zertrümmerten zahllose Me-too-Anbieter das Qualitäts- und Preisniveau. „300 Anbieter konkurrie- ren derzeit allein im deutschsprachigen Raum“, rechnet Karl Lang, Deputy Head of HR CEE bei Siemens, vor, „vergangenes Jahr waren es noch 350.“ Wer soll da den Überblick bewahren?
Wozu MBA trotzdem gut sind
Das alles heißt nicht, dass ein MBA heute nichts mehr bringt. Jeder Absolvent, egal wo er studiert hat, schwärmt von Erkenntniszuwachs und nützlichen Kontakten, nein: Freunden fürs Leben. Je länger die Ausbildung dauere, sagen sie, je mehr Aufgaben man zusammen löse, desto mehr wachse man zusammen, stehe einander auch später zur Seite.
Auch gehaltlich ist ein MBA kein Schaden (siehe Titelgeschichte ab Seite 20). Bei Siemens bringt er laut Lang zehn bis 15 Prozent mehr auf dem Kon- to. Allerdings nicht mehr automatisch, so wie früher, sondern erst beim nächs- ten Karriereschritt (den man ohne den Titel vielleicht nicht gemacht hätte).
Drei MBA-Kategorien
● „General MBA“, die Mutter aller MBA, für Rookies in Unternehmens- führung durchaus zu empfehlen.
● Eine spezialisierte Ergänzung ist der „Professional MBA“ für jene, die ein Upgrade in einer bestimmten Fachadministration“ sind vorbei. Wer beeindrucken will, muss in einer der internationalen Kaderschmieden studiert haben. So viel kosten MBAs.
richtung brauchen. Beispiel: der Financial MBA für Techniker, die wegen ei- nes Karrieresprungs in die Zahlenwelt eintauchen sollen.
● Die dritte Kategorie, der „Executive MBA“ (in seiner internationalen Form der „Global Executive MBA“) ist der Oberklasse vorbehalten. CEO und Vorstände zahlen Spitzenpreise, um unter sich zu bleiben.
Die fernen Sieger . . .
Dennoch: Auch heute kann man mit dem MBA noch richtig imponieren. Dann nämlich, wenn man ihn im Ausland gemacht hat. Nicht irgendwo, sondern etwa an der elitären INSEAD- Kaderschmiede im französischen Fontainebleau. Luxus hat seinen Preis: Ein Global Executive MBA schlägt mit stolzen 114.000 Euro zu Buche. Selbst der bescheidene Professional MBA Financing kostet noch 77.000 Euro. INSEAD hält, wie zuletzt, Rang 1 des alljährlichen Financial-Times-Ranking (http://rankings.ft.com/business- schoolrankings/rankings), dem Goldstandard der Branche.
Entsprechend vollmundig klingen die Werbebroschüren. Für nur ein Jahr weg vom Arbeitsmarkt versprechen sie einen höheren Fünf-Jahres-Einkommenszuwachs als nach jeder anderen Wirtschaftsschule. Damit auch nicht die Falschen anklopfen, wird das Wunschpublikum beschrieben. Jenes aus Westeuropa verfügt zum Programmstart über ein Durchschnittsjahreseinkommen von 101.000 Euro mit Ausreißern bis 189.000 Euro. Erster IQ-Test: Die Preise für die einzelnen Programme erschließen sich erst nach wirklich umständlicher Recherche.
Rang 2 und 3 im Financial Times Ranking halten die Stanford Graduate School of Business und die Wharton Business School in Philadelphia (umstrittenster Absolvent: Donald Trump). Erst auf Platz 4, zwei Plätze schwächer als zuletzt, folgt die legendäre Harvard Business School. In Österreich genügt ihre bloße Erwähnung, um Personalistenherzen höher schlagen zu lassen. Da spielt es dann gar keine Rolle mehr, ob man dort nur einen Drei-Tages-Kurzkurs absolviert hat. Harvard schmückt jeden Lebenslauf.
Allzu groß ist die preisliche Spreizung der Top 10 nicht. Beim Zehntgereihten, der IESE Business School in Barcelona, kostet zwar der Global Executive MBA nur noch 99.000 Euro (IN- SEAD: 114.000 Euro), dafür schlägt ein Professional MBA mit 81.600 Euro zu Buche (INSEAD: 77.000 Euro). Immerhin, in Barcelona ist eine Gesundheitsversicherung um 890 Euro inkludiert.
Fragt man heimische Personalchefs und -berater, welche internationale Schulen hierzulande Eintrittstickets in Spitzenpositionen sind, nennen alle dieselben üblichen Verdächtigen: INSEAD (Financial Times Rang 1), Harvard (Rang 4), die London Business School (Rang 6) und die IESE in Barcelona (Rang 10). Reflexartig schießen sie noch zwei weitere Unis nach: die Mailänder SDA Bocconi School of Management (Rang 22, www.sdabocconi. it/en/) und die Schweizer Universität St. Gallen (www.unisg.ch). Die ist mit Rang 59 zwar schon etwas abgeschlagen, aber noch schimmert der Glanz vergangener Jahre durch. Falls Sie österreichische Wirtschaftsschulen vermissen: Die ha- ben es nicht unter die Top 100 geschafft.
. . . und die nahen Einfallsreichen
Was nicht heißt, dass wir keine guten Ausbildungsstätten haben. Sie fallen nur im internationalen Vergleich zurück – bedeutungslos, wenn man sein Geschäft nur in Österreich und Umgebung betreibt. Oder mit Osteuropa. Darauf ist die an der WU Wien ansässige Executive Academy spezialisiert. Den Global Executive MBA gibt es dort um wohlfeile 45.000 Euro, den auf Osteuropa ausgerichteten Executive MBA Bucharest schon um 35.000 Euro. Professional MBA kosten zwischen 15.500 und 45.000 Euro.
Weil die osteuropäische Klientel letztens ausblieb (Stichwort: Russlandkrise), testet die Executive Academy gerade ein neues Konzept: MBA und Executive Education direkt am Arbeitsplatz, mit täglichen kleinen Lern- und Aufgabenhäppchen, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Das spare Reisekosten und das Gelernte festige sich in der Normalumgebung besser als im externen Kurs, heißt es. Jede Ausbildung ist individuell, weshalb es Preise nur auf Anfrage gibt.
Andere Anbieter gehen andere Wege. Die LIMAK Austrian Business School, die zur Linzer Johannes Kepler Universität gehört, versucht neue Zielgruppen mit kreativen Professional MBA zu erschließen, etwa „Quality, Project & Process Management“ oder „Business Law“. Die Donau-Universität Krems wiederum erarbeitete sich in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf. Trotzdem liegt ihr General MBA mit 16.900 Euro am unteren Ende der Preisskala. Noch billiger gibt es das noch junge Austrian Institute of Management (AIM) an der FH Burgenland. Hier kostet der MBA „Busi- ness Management“ im Fernstudium nur noch 8.900 Euro. Und dieser Preis ist nun wirklich nicht mehr zu schlagen.