Großbritannien hält die Finanzmärkte in Atem!

Die Briten kehren der Union den Rücken, konkret dürfte es 2019 werden.Die Angst vor Zuwanderung war größer als die vor einer Wirtschaftskrise und dem Verfall des Pfunds. (Foto: APA/PAUL ELLIS/AFP/picturedesk.com)
Alle Apelle gingen ins Leere. So warnten etwa der britische Finanzminister George Osborne und auch Mark Carney, Chef der Bank of England, dass bei einem EU-Austritt dem Inselstaat eine längere Rezession drohe. Dass bei einem Brexit 30 Milliarden Pfund weniger in der Kasse wären, somit Steuern erhöht und Ausgaben gekürzt werden müssten.
Schock an den Finanzmärkten
Was ein EU-Austritt Großbritanniens für die Wirtschaft tatsächlich bedeutet, zeigt die Reaktion der internationalen Börsen. Kaum war der Brexit fix, knickten am 24. Juni die Leitbörsen zwischen acht und zehn Prozent ein. Selbst der Euro Stoxx 50, der als Leitindex der Eurozone keine britischen Werte enthält, verlor neun Prozent. Eine kurzfristige Panikreaktion, weil viele Großinvestoren auf den Verbleib gebaut und sich verspekuliert hatten. Auch wenn sich die Lage beruhigt: Bei der Credite Suisse sieht man London´s Leitindex FTS 100 zu Jahresende um sechs Prozent niedriger, als er bei einem „Ja” der Briten zur EU notiert hätte - bei 6200 statt 6600 Punkten.
Der Ausgang ist vor allem ein herber Schlag für den Finanzplatz London, der doch mit der deutschen Börse enger zusammenrücken will. Er verliert EU-Sonderrechte und an Bedeutung. Die Europäische Bankenaufsicht wird ihren Sitz in London aufgeben müssen. Finanzdienstleistungen dürften nach Frankfurt, Paris oder sogar nach Edinburgh auswandern, sollten dort die Separatisen mit einer zweiten Abstimmung den EU-Verbleib Schottlands durchsetzen. Gefordert ist die Fondsbranche, die von London nach Dublin oder Luxemburg umziehen könnte, um ihr Produkte weiterhin problemlos in der EU vertreiben zu können.
Kursverluste beschert der Ausgang vor allem Europas Bankaktien, die in den europäischen Leitindizes stark vertreten sind. Daher sollte man jetzt besser auf Einzelaktien setzen. Betroffen sind etwas deutsche Auto-Titel. Jedes dritte in Deutschand produzierte Auto geht nach England. Schnäppchenjäger konzentrieren sich jetzt auf defensive, international tätige Konzerne aus dem Konsum- und Gesundheitssektor, die im Sog mitgerissen wurden.
Flucht in sichere Werte
Weiter geht die Flucht in „sichere” Staatsanleihen. Schon im Vorfeld rentierten zehnjährige deutsche Staatspapiere wegen der hohen Nachfrage erstmals negativ. Verunsicherte Anleger flüchten in den Franken. Die Schweizer Nationalbank muss massiv Euro aufkaufen, damit der Franken nicht stärker als 1,05 zum Euro wird. Der Euro verliert, der Dollar profitiert. Britische Anleihen werden gemieden, droht Großbritannien doch eine Bonitätsabstufung. Meiden sollte man Anleihen der Südländer, denn die Zinsspannen zwischen den Euro-Staaten gehen auseinander.
Größter Verlierer ist das Pfund
Die Bank of England musste schon einmal 1992 das Pfund stützen. Damals spekulierte George Soros mit geliehenen zehn Milliarden US-Dollar auf einen Absturz des britischen Pfund. Jetzt muss sie erneut eingreifen. Den Briten und der EU steht jedenfalls ein Verhandlungsmarathon bevor, bis es dann womöglich 2019 so weit ist. Und 2020 wird in Großbritannien neu gewählt...