Geld retour für Kreditkunden

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Wie schnell sich die Zeiten ändern können: Noch im Juni wollten die von GEWINN befragten Banken trotz eines ersten eindeutigen OGH-Urteils weiter zuwarten und vorerst nicht reagieren.
Inzwischen fällte der Oberste Gerichtshof (OGH) allerdings weitere in die gleiche Richtung weisende Urteile, die Banken bei variabel verzinsten Verbraucherkrediten zur Weitergabe von negativen Indikatorzinsen verpflichten.
Die Entscheidungen betreffen sowohl ältere Kreditverträge, bei denen Banken Anfang 2015 nachträglich bei null Prozent im Indikator eine Untergrenze eingezogen haben (4 Ob 60/17b, 8 Ob 101/16k, 8 Ob 107/16), als auch meist später abgeschlossene Kreditverträge, bei denen bereits im Vertrag selbst die Marge als Untergrenze festgelegt ist
(4 Ob 107/17i).
„Gleiche Verteilung von Zinschancen und Zinsrisken“
Wichtige Erkenntnisse und Kernaussagen dieser Urteile sind: Zwar gibt es keine negativen Kreditzinsen, aber bei einem negativen Referenzzinssatz (EURIBOR, LIBOR) haben Kreditnehmer entweder keine oder niedrigere Kreditzinsen als die Marge zu zahlen. Die absolute Untergrenze liegt bei null Prozent Zinsen.
Eine wesentliche Feststellung ist dabei, dass der Kreditnehmer, der einer Zinsänderungsklausel zustimmt und keinen Fixzinssatz wünscht, von einer symmetrischen Verteilung von Chancen und Risken ausgehen darf (d. h., der Zinssatz kann genauso hinauf wie nach unten schwanken). Somit habe bei Zinsgleitklauseln eine Entgeltsenkung im gleichen Ausmaß und in der gleichen zeitlichen Umsetzung wie eine Entgeltsteigerung zu erfolgen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten – so die Quintessenz der Urteile.
Wegen der aktuellen Urteile haben zahlreiche Banken bereits mit Juli oder August die Zinsberechnung bei den variablen Krediten umgestellt, wie die aktuelle Umfrage von GEWINN zeigt. Somit gilt bei diesen Banken für alle betroffenen Kunden ein neuer Sollzinssatz – der negative Referenzzinssatz wird
nun mit der vereinbarten Kreditmarge (z. B. 1,25 Prozent) gegenverrechnet.
Banken, die die Umstellung jetzt noch nicht vorgenommen haben, werden voraussichtlich spätestens bis 30. September nachziehen, siehe Tabelle. Im Raiffeisen-Sektor wird dagegen derzeit noch abgewartet, und zwar auf ein noch ausstehendes Urteil.
So weit die aktuellen Zinsen, doch was ist mit den Rückzahlungen? Die Erste Bank gibt auf Anfrage die Auskunft, dass all jene Kunden eine Zinsrückzahlung erhalten, „die im Zeitraum von Februar 2015 bis jetzt einen variabel verzinsten Verbraucherkredit hatten und wo eine Zinsuntergrenze, aber keine Zinsobergrenze vereinbart war.“
Während viele Banken bereits bis Ende September Zinsgutschriften in Aussicht stellen, tun es andere, wie etwa die Oberbank, bis Jahresende.
Das Entschädigungsprozedere beschreibt Peter Hrubec, Wohnbau-Finanzexperte bei INFINA, wie folgt: „Eine Gutschrift der zu viel bezahlten Zinsen erfolgt bei den meisten Banken automatisch bis zum 30. 9. 2017 und wird in der Regel direkt auf das Kreditkonto gebucht. Sofern der Kredit bereits vollständig zurückbezahlt wurde, erfolgt die Buchung auf ein bestehendes Konto bei der jeweiligen Bank.“
Wichtig: In jenen Fällen, bei denen der Kredit bereits vollständig zurückbezahlt ist und keine Kontoverbindung bei der betreffenden Bank mehr besteht, müssen die Kunden selbst aktiv werden und ihre neue Kontoverbindung bekannt gegeben. Hrubec empfiehlt im Ernstfall rasches Handeln bzw. eine aktive Kontaktaufnahme mit dem Kreditinstitut, denn: „Da es eine dreijährige Verjährungsfrist gibt, kann man als Kunde seine Rechte nur innerhalb dieser Frist geltend machen, sofern eine Bank nicht im Sinne der geltenden Rechtsprechung reagiert.“
Zinskorridor oder Zinsuntergrenze null
Alte Verträge mit einseitiger Untergrenze müssen nun umgestellt werden. Entweder es bleibt bei der variablen Verzinsung, wobei die Zinssatzuntergrenze bei null Prozent im Sollzinssatz liegt. Dabei gilt laut Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im Bereich Recht des VKI, weiterhin die vereinbarte Zinsgleitklausel (z. B. Drei-Monats-Euribor plus ein Prozent Marge): „Die Bank darf daher nicht einseitig die Margen erhöhen. Es gibt hierfür auch keine denkbare, gesetzmäßige Grundlage in den AGB.“ Ebenfalls nicht zulässig ist es laut Gelbmann, „wenn die Banken nun einseitig – also ohne Zustimmung des Kunden – bei bestehenden Verträgen dahingehend einen Sanierungsversuch starten, dass sie eine Obergrenze einziehen.“ Schließlich fällt die Klausel mit der Untergrenze weg und die Obergrenze wäre dann „eine unzulässige einseitige Vertragsänderung“.
Zweiseitig, das heißt, wenn der Kunde zustimmt, kann als Alternative nun aber sehr wohl auch zur alten Untergrenze eine Obergrenze eingezogen werden – ähnlich wie es bei den Bausparkassen üblich ist. Denn dann ist das Risiko (es kann nach unten und nach oben in Grenzen schwanken) zwischen Bank und Kunden wieder gleichmäßig verteilt.
Hier bleibt nach unten die von der Bank ursprünglich gewünschte Regel (meist: Untergrenze in Höhe der vereinbarten Marge) aufrecht, dafür hat der Kunde nach oben hin einen Schutz, sollten die Zinsen in den nächsten Jahren ansteigen.
Ein Beispiel: Der Untergrenze von 1,25 Prozent (Höhe Aufschlag) wird nun eine Obergrenze von 4,5 Prozent dazugestellt.
Neu: mehr Fixzins und Zinskorridor
Überhaupt ergibt die aktuelle GEWINN-Umfrage bei Banken, dass aufgrund der Urteile einiges im Umbruch ist. So werden nun noch stärker als bisher Fixzinsbindungen empfohlen.
Auch die Variante des Zinskorridors (mit Unter- und Obergrenze) wird häufiger angeboten.
Unbeliebter bei den Banken scheinen die variabel verzinsten Kredite geworden zu sein. „Es ist davon auszugehen, dass zur Kompensation der negativen Indikatorzinsen zukünftige Aufschläge auf den EURIBOR höher sein werden als bisher. Schließlich müssen Banken die Negativzinsen im Indikator kompensieren. Hingegen werden Fixzinskredite von Banken immer mehr forciert, da sie den Instituten noch relativ hohe Zinserträge über einen längeren Zeitraum bieten“, kann auch Hrubec bestätigen. Zur Information: Der bei Euro-Krediten üblichste Indikator, der Drei-Monats-EURIBOR, lag Mitte August bei minus 0,329 Prozent. Etwas über 0,3 Prozent Zinsen verlieren die Banken also nun als Einnahmequelle.
Laut Kreditmarkt-Insidern haben schon jetzt einige Kreditinstitute den Vertrieb von variabel verzinsten Krediten eingeschränkt, teils wurden dort auch bereits die Aufschläge erhöht.