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Variable Kreditzinsen in der Gefahrenzone
Variable Kreditzinsen haben sich in den letzten Monaten massiv verteuert, ein Umstieg in Fixzinsen zahlt sich oft aus!
© TanyaJoy – GettyImages.com

Immobilienkredite

Variable Kreditzinsen in der Gefahrenzone

Variabel verzinste Immobilienkredite haben sich signifikant weiter verteuert, in nur einem Jahr sind sie um rund 3,8 Prozent angestiegen. Lang laufende Fixzinskredite sind derzeit günstiger!

Von Susanne Kowatsch

24.07.2023

Seit einigen Jahren veröffentlicht Wohnbau-Finanz-Experte Infina Credit Broker GmbH vierteljährlich den Infina Kredit Index, kurz IKI, dessen Grundlage Daten von zwölf regionalen und überregionalen Kreditinstituten sind, aus denen die Höhe der monatlichen Raten abgeleitet wird. Das Ergebnis der neuesten Erhebungen:
Am 3. Juli lag der Nominalzins für einen variabel verzinsten Wohnbaukredit im Schnitt bereits bei 4,762 Prozent (was inklusive aller Nebenkosten 5,37 Prozent Effektivzinsen bedeutet). Zum Vergleich: Anfang Juli 2021 lag dieser Nominalzins noch bei 0,639 Prozent, Ende Juni 2022 – also bloß vor rund einem Jahr – kam man im Schnitt noch mit 0,975 Prozent Nominalzins weg! Bezogen auf die effektive Monatsrate eines 200.000 Euro-Kredits mit 25 Jahren Laufzeit ist dies eine Verteuerung um 441,54 Euro (pro Jahr um knapp 5.300 Euro). Was für manchen kaum noch leistbar ist.

„Erwartungsgemäß sind die Kreditzinsen im letzten Quartal angestiegen, besonders im variablen Bereich. Da die Kerninflation weiterhin hoch ist, wird das Zinsniveau zumindest eine gewisse Zeit lang nicht stärker zurückkommen“, kommentiert Christoph Kirchmair, Geschäftsführer der Infina die aktuelle Lage.

Zinspeak verschoben

Nach der letzten Anhebung des EZB-Zinssatzes im Juni preisen die Märkte für heuer noch eine weitere Leitzinsanhebung der Fed und der EZB ein. Hartnäckige Kerninflation und steigende Lohnkosten sind nun die wunden Punkte, die Erwartungen sinkender Zinsen haben sich im Euroraum mehrere Monate nach hinten verschoben, analysiert Infina. Im Euroraum hat sich gegenüber dem letzten IKI der erwartete Zinspeak im 3-Monats-Euribor auf 3,99 % bis 18. Januar 2024 verschoben. Dies bedeutet: Spätestens bis zur EZB-Rats-Sitzung am 14. Dezember 2023 erwartet der Markt eine weitere Leitzinsanhebung von 0,25 Prozentpunkten, was dann einen Hauptrefinanzierungssatz von 4,25 Prozent bedeuten würde. Folgende Aussage von EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, spricht bereits am 27. Juli oder spätestens am 14. September 2023 für eine weitere Leitzinsanhebung: „Wir müssen die Zinssätze auf ein ausreichend restriktives Niveau bringen, und sie dort so lange wie nötig halten.“

Was tun?

Normalerweise liegen die Zinsen für variabel verzinste Kredite wegen des Zinsrisikos unter jenen von langjährigen Fixzinsbindungen. Derzeit ist es aber, und das ist die gute Nachricht, umgekehrt! Für die Risikoabsicherung in 10- bis 30-jährigen Fixzinskrediten bekommen Kreditnehmer derzeit auch noch das Geschenk eines Zinsabschlags gegenüber variabel verzinsten Kreditalternativen. Bis zu einem Prozentpunkt können derzeit aufgrund einer inversen Zinsstrukturkurve bei einer Umschuldung von variabel verzinsten Immobilienkrediten in langjährige Fixzinsbindungen eingespart werden. „Daher sollte diese einzigartige Absicherungschance genützt werden so lange sie noch besteht. Bereits in wenigen Wochen kann es dafür zu spät sein“, mahnt Kirchmair.

Als eine Art Erste Hilfe-Maßnahme zur Absicherung des Zinsrisikos und einer gleichzeitigen Entlastung schlagen die Wohnbau-Finanz-Experten von Infina deshalb eine rasche Umschuldung von variabel verzinsten Wohnbaukrediten in langjährige Fixzinsbindungen vor. Falls möglich oder erforderlich, sollte zur zusätzlichen Entlastung eine längere Kreditrestlaufzeit mit vereinbart werden. Denn während derzeit ein etwa 4,75-prozentiger variabler Nominalzins üblich ist, sind 20-jährige Fixzinsbindungen aktuell noch ab 3,75 Prozent zu haben. Bei einer Kreditsumme von 300.000 Euro kann dies Einsparungen von bis zu 50.000 Euro erzeugen. Und sollte der positive Zinseffekt nur einige Jahre wirken, hat der Kreditnehmer zumindest eine stabile und kalkulierbare Kreditrate und beschränkt sein Risiko erheblich.

Nicht zu lange warten!

Allerdings sollte diese Chance zeitnah genutzt werden. Der Euro-Swapsatz für ein Jahr liegt am 8. Juli 2023 bei 4,107 Prozent. Der 10-jährige Euro-Swapsatz liegt jedoch schon mit 3,232 Prozent um 87,5 Basispunkte niedriger. Noch tiefer stehen der 20-jährige Euro-Swapsatz mit 3,035 Prozent und der 30-jährige Euro-Swapsatz mit 2,721 Prozent. Das bedeutet, der 30-Jahres-Euro-Swapsatz liegt sogar 1,39 Prozentpunkte unter dem 1-Jahres-Euro-Swapsatz. Doch diese Konstellation ist nur vorübergehend und kann bereits in wenigen Wochen wieder vorbei sein. Diesbezüglich ein erster wichtiger Termin ist die nächste EZB-Ratssitzung am 27. Juli 2023. Hier entscheidet die EZB über den nächsten Zinsschritt oder eine zwischenzeitliche Zinserhöhungspause.

Den gesamten, ungekürzten Bericht zur aktuellen Lage auf den Kreditmärkten sowie dem ausführlichen neuesten IKI finden Sie hier als Download.

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